Freie Medien für mehr Transparenz und Entwicklung

Mobile Reporting: Neue Perspektiven für den schwarzen Kontinent

Daniela Waber-Keutieu

Afrika – ein Kontinent der Rückständigkeit, der Kriege, Krisen und Katastrophen. Dieses Bild ist in vielen Köpfen nach wie vor fest verankert. Doch der schwarze Kontinent hat mehr zu bieten. Zum Beispiel im Medienbereich: Mit der oft zitierten digitalen Revolution veränderte sich auch in Afrika das Verhältnis von traditionellen zu Neuen Medien.

Der Begriff „mobile Revolution“ ist zu einem Schlagwort geworden, wenn es um die Beobachtung medialer Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent geht. Dieser Begriff spielt auf die rasante Verbreitung der Mobilfunktechnologie an. Dies gilt nicht nur für den meist fortschrittlicheren Norden des Kontinentes, sondern vor allem auch für die Mehrheit der Staaten Sub-Sahara Afrikas. In einem Beitrag, der von der Konrad-Adenauer-Stiftung veröffentlicht wurde heißt es, dass bereits 70% des Telekommunikationsnetzes in Sub-Sahara Afrika durch Handybetreiber kontrolliert werden.

Mit dem Vormarsch des Handys hat sich auch für Medienschaffende eine neue Form der Berichterstattung entwickelt, die völlig neue Perspektiven für den afrikanischen Kontinent bietet: Das Mobile Reporting. Dabei wird das Handy als Arbeitsinstrument für journalistische Berichterstattung eingesetzt. Über eine externe Tastatur fürs Handy schreibt der Journalist Artikel, fotografiert oder nimmt auch Videos mit der eingebauten Handy-Kamera auf und versendet es dann zur Veröffentlichung. Die mobile Technologie ermöglicht eine multimediale Live-Berichterstattung von jedem Punkt aus ohne aufwändige Übertragungstechnik – direkt in die Medienunternehmen. Mobile Reporter können folglich leichter und schneller über Ereignisse informieren, die früher eher von der Zensur abgefangen wurden, beispielsweise bei Wahlen.

Das Projekt Voices of Africa setzt die neue Form des Mobile Reporting bereits ein. Die Voices of Africa Media Foundation wurde 2006 in den Niederlanden gegründet, mit dem Ziel, die Medien in Afrika zu stärken und jungen Afrikanern die Möglichkeit zu bieten, journalistisch aktiv zu werden. Die Initiative zur Gründung des Projektes ging schließlich vom Niederländer Elles van Gelder aus, der westliche Berichterstattung über Afrika als stark fragmentiert und wenig realistisch empfand. Als Ziel des Projektes gilt es daher, ein ausgewogenes Bild von Afrika zu vermitteln. Daher soll das Projekt jungen Afrikanern eine Stimme geben und sie verstärkt dazu ermuntern, eine aktive Rolle in der Berichterstattung über ihren Heimatkontinent zu spielen. Der Firmensitz liegt bis heute in den Niederlanden. Dort werden junge Afrikaner von Journalisten gezielt auf die Tätigkeit als mobile Reporter vorbereitet.

Mittlerweile berichten diese mobilen Reporter mit Handy aus allen Winkeln Afrikas und verändern so die Medienöffentlichkeit. Bislang beteiligten sich mehr als 400 Journalisten an diesem Projekt mit Artikeln, aufgezeichneten Interviews oder kleinen Filmbeiträgen. Voices of Africa ist bislang die erste Organisation, die das Mobile Reporting so einsetzt.

Diese neue Form der medialen Berichterstattung eröffnet dem afrikanischen Kontinent völlig neue Perspektiven und ist von erkennbarem Nutzen. So eignet sich das Handy vor allem als Ergänzung zu bestehenden Medien. Die Reporter können aus Regionen berichten, in die sonst kein westlicher Journalist vordringen könnte. Sie können auch sprachliche Hürden leichter überwinden, indem sie beispielsweise einen lokalen Dialekt sprechen und so mit den Menschen vor Ort kommunizieren können. Das Vertrauensverhältnis bei Afrikanern untereinander ist zudem größer. So geben Dorfbewohner eher einem ihrer „Brüder und Schwestern“ Auskunft, als einem fremden Berichterstatter aus dem Westen. Bei der geringen Zahl an Auslandskorrespondenten in Afrika sind die mobilen Reporter, die ihre Berichte an ausländische Online-Portale schicken, eine beachtliche Ergänzung. Sachverhalte werden dann aus der Perspektive der Afrikaner selbst dargestellt – gegebenenfalls als Gegengewicht zu westlich orientierter Berichterstattung.

Potential ist vorhanden, das auch schon vielerorts gewinnbringend ausgeschöpft wird. Dennoch gilt es noch weiter an der medienpraktischen Umsetzung zu arbeiten und diese zu professionalisieren. Damit ist gleichzeitig die schwache Seite dieses Projekts angesprochen: Die mobilen Berichterstatter sind meist journalistische Laien. Nicht erst seit dem Angriff auf Mumbai gibt es dazu eine breite Diskussion. Diesen Fragen müssen sich so genannte Bürgerjournalisten stellen: Wie gehen sie mit sensiblen Informationen und Quellen um? Wie seriös ist ihre Recherche? Wie sensationalistisch die schnell versendete Nachricht – wurden die Inhalte aus verschiedenen Informationsquellen nachgeprüft? Das sind Angriffsflächen, die schnell ausgenutzt werden von Kräften, die ansonsten an einer transparenten Berichterstattung nicht interessiert sind. Viele Beispiele dazu finden sich etwa auf der Seite Medioslatinos.

Fehlende journalistische Kompetenz lässt sich nicht in einem Workshop aufarbeiten. Diese Kompetenz ist jedoch eine Voraussetzung dafür, dass Medien ihre öffentliche Aufgabe, ihre demokratische Rolle und soziale Verantwortung wahrnehmen können im Dienste der menschlichen Entwicklung. Unabhängige und professionell agierende Medien sind gefordert, das öffentliche Bewusstsein dafür zu schärfen. Es geht letztlich nicht nur darum, positivere Nachrichten vom ärmsten Kontinent zu empfangen, sondern auch darum, die Armut zu beseitigen. Deshalb müssen die Verantwortlichen daran gemessen werden, ob sie an den vereinbarten UN-Millenniumszielen auch tatsächlich weiter arbeiten. Medien sollten diesen Prozess professionell begleiten. Immerhin zeichnet sich schon jetzt ab: Afrika nutzt das Handy heute in einer Form, die weltweit für viele interessant werden könnte.

Daniela Waber-Keutieu

Daniela Waber-Keutieu, Studentin der Universität Bonn im Masterstudiengang Medienwissenschaften, arbeitet gerne zu medienwissenschaftlichen Themen mit Afrikabezug. Ihre Bachelorarbeit verfasste sie über „Das Bild Schwarzafrikas in der überregionalen deutschen Presse zwischen 2000 und 2005 am Beispiel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Süddeutschen Zeitung. Im Rahmen ihres Studiums schriebe sie auch über „Weibliche Genitalverstümmelung“ oder „Community Radio in Cameroon“.

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Prof. Dr. Tino Schuppan, Wissenschaftlicher Direktor des Institutes für eGovernment, eine an der Universität Potsdam eingetragene Einrichtung. Im Auftrag von internationalen, europäischen und nationalen Organisationen und Institutionen hat er unterschiedlichste Forschungs-, wissenschaftliche Begleit- und Beratungsprojekte auf dem Gebiet des Electronic Government durchgeführt. In der Entwicklungszusammenarbeit analysierte Schuppan intensiv Reformprozesse in der ägyptischen und afrikanischen Verwaltung.

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